Verwaltung und Problematisierung von Arbeitsmigration in München und Stuttgart in den 1960er und 70er Jahren
Seit Beginn der 2000er häufen sich wissenschaftliche Forschungen und
Publikationen zur Migrationsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Mit der Öffnung
der Archive im Zuge der 30-Jahres-Sperrfrist konnten zahlreiche Annahmen
der älteren Forschung nuanciert und revidiert werden. Während die institutionellen
Enwicklungen und Entscheidungsprozesse für die Bundesebene
somit umfangreich dokumentiert wurden, lässt sich eine derartige Entwicklung für die
föderale und kommunale Ebene nicht feststellen. Wird letztere von der Historischen
Migrationsforschung derzeit „entdeckt“, bleiben Entwicklungen auf der Landesebene
weiterhin weitgehend unberücksichtigt.
Das Dissertationsvorhaben addressiert dieses Forschungsdesiderat, indem es anhand
der beiden Landeshauptstädte Stuttgart und München den Prozess der Problematisierung
und Organisation von Arbeitsmigration vor und nach dem „Boom“ in den Blick nimmt.
Die Querschnittsperspektive gestattet es einen tieferen Einblick in die Komplexität
Historischer Migrationsbewegungen, deren Bewertung nur bedingt zeitlichen, sondern
vielmehr institutionellen Bedingungen geschuldet war; das gleiche soziale Phänomen
wurde zum gleichen Zeitpunkt emotionsgeladen bis neutral diskutiert. Sowohl Bayern
wie (später) auch Baden-Württemberg verstanden sich als Bollwerke gegen eine als zu
liberal verstandene Ausländerpolitik. Zugleich wurden in den beiden Landeshauptstädten
Integrationskonzepte formuliert, und die zugewanderten Arbeitskräfte als dauerhafter
Bestandteil der Bevölkerung definiert. Dieses Spannungsverhältnis ist denn auch der
tragende Bogen des Forschungsvorhabens.